Inspired by Dr Hubertus Porschen

Artikel „Traut euch endlich Fehler zu machen“ von Dr. Hubertus Porschen (Gründer und CEO von iConsultants in Köln) bei IMPULSE.

 

„Fehler machen, aufstehen, weiter geht’s! In Amerika kein Problem, hierzulande leider immer noch“, sagt Unternehmer Hubertus Porschen. Warum Deutschland dringend einen entspannteren Umgang mit Fehlern braucht.

Wir alle treffen ständig Entscheidungen. Immer richtig zu liegen, ist einfach unmöglich. Wichtiger ist doch, wie wir damit umgehen. Oft folgen betretenes Schweigen, unter den Teppich kehren, ein „Ja, aber …“. Fehlerkultur? Fehlanzeige! Jeder kennt das Sprichwort: „Aus Fehlern wird man klug“. Stimmt. Trotzdem: Fehler kratzen an unserer Persönlichkeit. Zu akzeptieren, dass etwas schief gelaufen ist, und dazu zu stehen, fällt schwer. Insbesondere die Angst vor öffentlichem Scheitern ist in unserer Gesellschaft groß.

Mehr Fehlertoleranz: In Amerika zählt der Versuch – in Deutschland das Ergebnis

Davon können auch viele Gründer ein Lied singen. Nur wenige landen mit ihren Ideen gleich beim ersten Mal den großen Wurf. Tatsächlich sind Rückschläge und Niederlagen viel wahrscheinlicher. Bis ein Geschäftsmodell wirklich funktioniert, braucht es oft mehrere Anläufe. In Amerika ist das kein Problem. Aufstehen, weiter geht’s – der Versuch zählt! In Deutschland ist das Ergebnis wichtig. Der Makel der Erfolglosigkeit bleibt haften. Eine Niederlage wollen deshalb nur wenige riskieren. Laut einer Studie der Uni Hohenheim sind 42 Prozent der Deutschen der Meinung, dass man kein Unternehmen gründen sollte, wenn das Risiko des Scheiterns besteht. Eine beängstigende Zahl.

Neuland betreten statt immer auf Nummer sicher gehen

Etwas lieber sein zu lassen, weil man das Risiko scheut, ist aber nicht nur eine Mentalitätsfrage, sondern auch ein echter Bremsklotz für unsere Volkswirtschaft. Globalisierung und digitaler Wandel schreiten voran. Deutschland braucht mehr innovative junge Unternehmen, die unsere Wirtschaft beflügeln. Unser Bildungssystem produziert aber Manager, keine Unternehmer. Kompetenzen wie Kreativität und Risikobereitschaft werden nur unzureichend entwickelt. Hier müssen wir ansetzen. Wer keine Angst haben muss, ein mögliches Scheitern jahrelang vor sich herzutragen, findet schneller den Mut, Ideen in die Tat umzusetzen. De facto ist die Zahl der Gründungen in Deutschland in den letzten Jahren rückläufig. Wie schaffen wir ein besseres Gründungsklima? Wir müssen damit beginnen, dass die Leistungen von Unternehmern wieder positiver wahrgenommen werden. Als Vorsitzender im Verband „Die jungen Unternehmer“ erfahre ich immer wieder, wie hoch der Leistungsdruck nicht nur für Gründer, sondern auch für Nachfolger in Familienunternehmen ist. Darf man etwas Neues ausprobieren? Welche Entscheidungen sind richtig? Das erfordert Mut und Persönlichkeit. Hier muss es auch die Toleranz geben, Fehler zu machen. Denn sie zeigen uns oft ganz neue Herangehensweisen auf.

Start-ups gründen, um zu lernen

Eine Null-Fehler-Strategie ist weltfremd und lähmt. Ich bin 33 Jahre alt. Meine Generation will Neuland erkunden und durch eigene Erfahrungen lernen. Wir sehen Chancen. Und setzen auf Offenheit, statt Bedenken vor uns herzuschieben. Während meines BWL-Studiums war ich an der Gründung von zwei Biotech-Start-ups beteiligt, der NanoRepro AG und Nanohale AG (heutige Formycon). Damals hatte ich null Erfahrungen mit Selbstständigkeit. Ich komme nicht aus einer Unternehmerfamilie. Was mich angetrieben hat? Neugier. Begeisterung. Ich bin einfach der Typ, der Dinge anpackt, sich einbringt, selbst gestaltet. Als Rüstzeug hatte ich damals nur mein Studienwissen und die feste Überzeugung, beim Machen zu lernen. Die Mitarbeit in diesen Start-ups war für mich aber prägend: Ich lernte, welche Komponenten für erfolgreiches Unternehmertum entscheidend sind: Kapital und Innovation. Die Erfahrungen brachten mich auch zu meinem Dissertationsthema „Der akademische Unternehmer“. Ich wollte Unternehmertum wissenschaftlich betrachten. Zur Finanzierung der Dissertation habe ich meine Anteile an den Start-ups verkauft, aber mir war klar: Unternehmer sein ist das, was ich machen will. Mein Traumjob war gefunden.

Abbrechen und umdenken – diese Freiheit muss sein

Wer unternehmerisch tätig ist, sollte sich auch die Freiheit nehmen, eingeschlagene Wege abzubrechen und neu zu denken. Während meiner Promotion gründete ich mit drei Partnern ein Unternehmen, das Kaviar produzierte und vertrieb. Das lief eine Weile gut. Als der Kaviarmarkt in Deutschland während der Finanzkrise schlagartig einbrach, schwammen uns die Felle davon. Wir rackerten uns ab. Ich arbeitete quasi rund um die Uhr. Meine Dissertation lag komplett brach. Und das lag mir im Magen. Eine Grundsatzentscheidung wurde fällig. Ich entschied mich für die Promotion und stieg aus. Als Scheitern sehe ich das bis heute nicht.

Aufarbeitung ist wichtig

Nach der Promotion gründete ich mit einem Partner 2010 mein heutiges Unternehmen. Wir entwickeln und vertreiben Social Media-Apps und beraten Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle. Ein guter Umgang mit Fehlern ist uns in unserer Firma besonders wichtig. Wir schätzen, dass unsere Mitarbeiter kreativ denken, neue Ideen entwickeln und eigenständig agieren. Dabei ist es natürlich erlaubt, auch mal daneben zu liegen. Für Fehlentscheidungen rollen bei uns keine Köpfe. Wir wollen, dass niemand Angst vor Fehlern haben muss und dass aus gemachten Fehlern alle etwas lernen können. Aufarbeitung muss deshalb sein. Dabei ist Wertschätzung ein wichtiger Schlüssel. Wer für Fehler immer nur negatives Feedback erntet, kommt garantiert nicht mehr so oft mit einer neuen Idee um die Ecke.

Feedback-Partner suchen

Wichtig ist auch, dass die Feedbackgeber anerkannt sind. Wir haben seit zwei Jahren Business Angels mit an Bord. Sie helfen nicht nur beim strategischen Wachstum. Von ihnen lernen wir auch unternehmerisch sehr viel. Gerade wenn Fehler passieren, geben sie uns mit ihrer unternehmerischen Erfahrung und den Erkenntnissen aus eigenen Fehlern wichtige Denkanstöße für Verbesserungen. Auch Freunde und Familie sind gute Sparringspartner. Mich persönlich bringt der Austausch mit anderen Unternehmern im Verband oft weiter.

Ohne Alltagsfehler keine Innovationen

Einen größten Fehler gibt es bei mir nicht. Ich mache täglich Fehler – im Unternehmen und privat. Aber das ist gut. Fehler bringen uns weiter. Wir alle sollten uns ein bisschen öfter sagen: Ohne Fehler gibt es auch keine Innovationen. Viele Dinge, die wir heute ganz selbstverständlich nutzen, sind erst durch ein vermeintliches Scheitern entdeckt worden. Und nicht nur für Unternehmer gilt ja: Der Weg ist das Ziel.

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